Picasso, Miro, Gustavo – sie haben alle etwas gemeinsam: Mallorca!
Hallo liebe Mallorca-Talks-Leser,
ihr erinnert euch, dass Bettina Neumann vor ein paar Wochen einen Blogpost über den Künstler Gustavo und seine beiden großen Kachelwandbilder an der Kaimauer von Cala Ratjada geschrieben hat. Jetzt kommt sozusagen: Teil 2.
Denn der beliebte Ferienort kann nun mit Fug und Recht behaupten, die schönste Kaimauer aller Zeiten zu haben! Die beiden Wandbilder sind übrigens ein Geschenk Gustavos an die Gemeinde von Capdepera; ihre Herstellung wurden ausschließlich mit deutschen und mallorquinischen Privatsponsoren finanziert! Dass keine öffentlichen Gelder geflossen sind, betont Gustavo in Zeiten wie diesen gerne.
Für Mallorca-Talks schreibt seine Stieftocher Bettina Neumann jetzt über den Mann „hinter“ der farbenfrohen, oft kindlich wirkenden Kunst.
Viel Spaß beim Lesen!
GUSTAVO – der Künstler „hinter“ der Kaimauer von Cala Ratjada
Von Bettina Neumann
Ein bekannter, unbekannter großer Künstler
Wer in Berlin oder auf Mallorca lebt, dem ist Gustavo sicherlich ein Begriff. Gerade ist er 76 geworden, ungebrochen kreativ und voller Projekte wie eh und je. Der Spanier hat 20 Jahre in Berlin verbracht und lebt nun seit Mitte der 90er Jahre wieder auf Mallorca, im Nordosten der Insel. Er hat bis zum heutigen Tage ca. 4.500 Ölbilder gemalt und blickt auf über 150 Einzel- und Gruppenausstellungen zurück. Viele private, vor allem deutsche Kunstsammler besuchen sein Atelier „Son Turó“ auf Mallorca. Erstaunlicherweise hängt noch keines seiner Werke in einer öffentlichen Sammlung, obwohl er im Brockhaus als einer der bekanntesten zeitgenössischen spanischen Künstler verzeichnet ist. Mit der Gestaltung der Fassade eines ehemaligen Plattenbaus in Berlin-Lichtenberg hat er zudem „das größte Kunstwerk Europas“ geschaffen. Und in seiner früheren Wahlheimat Berlin ist er nach wie vor bekannt wie ein bunter Hund, das zeigte gerade wieder die erneute Einladung im Sendezentrum des Berliner und Brandenburger Fernsehsender rbb mit einer großen Ausstellung Anfang des Jahres, wo in einem Video auch das Kaimauerprojekt vorgestellt und begeistert aufgenommen wurde.
Der Herr der skurrilen Figuren
Charakteristisch sind seine farbenfrohen und grotesken Gestalten, deren surreales Miteinander auf den Leinwänden mit hoch poetischen Titeln versehen wird, die beinahe immer kleine Geschichten erzählen. Ein Beispiel gefällig? „Science-Fiction-Familie wartet in einer simulierten Landschaft auf die neuen, künstlichen Gebisse aus Bronze von der Sozialversicherung“. Der Einfallsreichtum in Farben, Formen und Titeln, den dieser Mann prägt, ist einfach unglaublich. Nie wiederholt sich eine seiner Gestalten, täglich entwirft er neue und arbeitet immer an mehreren Bildern gleichzeitig. Dabei hatte er es nicht immer einfach.
Gustavos Geschichte
Gustavos Jugend ist geprägt von den Repressionen des diktatorischen Franco-Regimes in Spaniens. Geboren wurde er im Spanischen Bürgerkrieg in Cartagena (Murcia). Seinen Vater hat er ein einziges Mal mit drei Jahren im Gefangenenlager gesehen, der hat auf der Seite der Republikaner im spanischen Bürgerkrieg kämpft und wird anschließend von den faschistischen Garden erschossen. Die Mutter lässt ihren Sohn bis zum sechsten Lebensjahr bei den Großeltern in Cartagena, die ihn liebevoll und in Freiheit aufziehen, und holt ihn erst zum Schulbeginn nach Mallorca. Hier hat sie mittlerweile wieder geheiratet, und Gustavo ist bald der Älteste von sechs Halbgeschwistern. Den Stress mit dem Stiefvater zeichnet sich das rebellische Kind von der Seele und gewinnt stets den ersten Platz bei landesweiten Zeichenwettbewerben.
Als junger Mann beginnt er in Barcelona ein Architekturstudium, bricht dieses aber ab. Er arbeitet ein Jahr in Paris und lebt mehrere Jahre in Brüssel. Mit Mitte Zwanzig hat er seine ersten Ausstellungen: in Antwerpen, München und Madrid, sowie Verträge mit Galerien in Palma de Mallorca und Barcelona. In seinen jungen wilden Jahren – er lebt jetzt wieder auf Mallorca – umrundet er die Insel auf einem Kamel und zeichnet die Dörfer, ein Abenteuer, das erst kürzlich verfilmt wurde. Bereits 1963 schreibt ein Kritiker über ihn als „einen jungen Maler, der noch sehr viel von sich hören lassen wird“. Doch zunächst muss er still sein: Da er mit seiner Kunst die politische und soziale Lage in Spanien während der Franco-Diktatur anprangert, wird er bedroht und einige seiner Werke werden zerstört.
Nach Berlin in Sicherheit
Deutsche Freunde, die sich für seine Kunst interessieren und die er in Portals Nous, wo er sein erstes Atelierhaus gebaut hat, kennen gelernt hat, bringen ihn 1971 mit einer Einladung zu den „Berliner Festwochen“ in Sicherheit. Dass er 1976 ganzjährig nach Berlin umsiedelt, liegt an Regine, seiner zweiten Frau und bis heute seine große Liebe, seine Muse. Von Mallorca möchte er erst mal nichts mehr wissen, denn er erobert gerade mit seiner mediterranen Fröhlichkeit teutonisch mürrische Gemüter. Damit nicht genug: Gustavo expandiert mit seiner Kunst in die Welt, u.a. stellt er in den USA, so in Milwaukee, Los Angeles, Washington, New York und Las Vegas aus.
Die Erfolgsstory
Als Durchbruch für seine internationale Karriere gilt eine Retrospektive in Bonn 1986 unter der Schirmherrschaft des damaligen Außenministers Hans-Dietrich Genscher in der Bonner Redoute. In den 80er und 90er Jahren arbeitet Gustavo mit der damals renommierten Berliner Galerie Schoen zusammen. Als er „10 Jahre in Berlin” mit einer Retrospektive im Rathaus Tempelhof würdigt, wird diese vom damals jüngsten Berliner Stadtrat und späteren Bürgermeisters, Klaus Wowereit, eröffnet, bis heute ein bekennender Gustavo-Fan neben vielen anderen Prominenten. Während Gustavo jahrelang im Berliner Künstlerhaus Bethanien arbeitet, jagt eine erfolgreiche Ausstellung die andere, mittlerweile nicht nur Berlin, sondern auch in anderen deutschen Städten. In Berlin trägt jetzt sogar ein Hotel seinen Namen.
Zurück nach Mallorca
Mitte der 90er Jahre, auf dem Höhepunkt seines Erfolges, zieht es ihn wieder auf die Insel. Sein selbst entworfenes Studio „Son Turó“ inmitten grüner Hügel im Nordosten Mallorcas zwischen Cala Ratjada und Capderea zählt inselweit zu schönsten Ateliers, für das viele Kunstfreunde extra angereist kommen. Menschen aller Altersklassen und sozialen Schichten übrigens, denen eine gewisse Liebe zu Farbe und zum Humor gemein ist. Auch seine alljährlichen Bronzeskulpturen sind begehrte Sammlerobjekte. Ölbilder, Skulpturen, Siebdrucke, Keramik, Porzellan, Wandteppiche, Holzobjekte, bemalte Autos, lebensgroße Polyesterkühe, Fliesenwandbilder- und Figuren – Gustavo liebt es, neue Projekte zu entwickeln.
Seinen Gestalten nicht ganz unähnlich
Dabei ist er ein großes Kind geblieben, für den kein Tag ohne zu scherzen und zu lachen vergeht. Kein Wunder, dass er sich für Kinder stark macht – die seine Arbeit verständlicherweise besonders lieben – , u.a. engagiert er sich seit vielen Jahren für die Christiane-Herzog-Stiftung „Künstler helfen” zugunsten Mukoviszidose-kranker Kinder, genauso wie für die Balearische Kinderkrebshilfe ASPANOP. Und wer immer Gustavo zu einem guten Zweck um Mithilfe bittet, wird nie enttäuscht werden. Einfach toll, diese unermüdliche Energie und Tatkraft. Und schön, dass er nun endlich auch die wahrlich wohl verdiente Anerkennung im eigenen Lande erfährt. Deshalb: Gustavo, mach weiter so!
Die Kaimauer wurde am Freitag, den 8. Mai öffentlich eingeweiht.
Weitere Infos: www.artgustavo.com
Autoreninfo:
Bettina Neumann – geboren und aufgewachsen in Berlin – lebt seit 2002 ich als freie Journalistin, Autorin und Übersetzerin aus dem Spanischen und Portugiesischen auf Mallorca und arbeite mit ihrem Stiefvater, dem spanischen, in Deutschland sehr bekannten Künstler GUSTAVO zusammen.
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